Autarkes Haus: Vorteile & Nachteile | Klimaworld

Autarkes Haus: So machen Sie sich unabhängig 

Die Energiepreise gingen zuletzt bekanntlich durch die Decke – eine Vervielfachung von Strom- und Gaskosten war die Folge. Das Budget unzähliger Haushalte hat enorm unter dieser Zusatzbelastung zu kämpfen. Der perfekte Zeitpunkt also, um über größere Unabhängigkeit von öffentlichen Netzen nachzudenken. Aber welche Möglichkeiten gibt es überhaupt, energieautark zu werden? Ist eine 100 %-ige Autarkie möglich und wie sieht ein klassisches Praxisbeispiel aus? Der folgende Artikel liefert alle Antworten. 

> Autarkie: Was bedeutet das überhaupt? 
> Welche Vorteile bringt es, sein Haus energieautark zu machen? 
> Was ist die Sektorenkopplung? 
> Energieautarkes Haus: So sieht ein mögliches Konzept aus 
> Wie sieht das energieautarke Haus in der Praxis aus? 
> Welche Hindernisse gibt es auf dem Weg zu mehr Autarkie? 

Autarkie: Was bedeutet das überhaupt? 

Das Wort Autarkie kommt ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet in etwa „Selbständigkeit“. Die Autarkie kann sich auf viele Bereiche beziehen. So ist etwa ein Haus mit einem eigenen Brunnen nicht auf das öffentliche Versorgungsnetz angewiesen. Es ist wasserautark. In Bezug auf den Hausbau oder eine Modernisierung ist besonders das Konzept der Energieautarkie interessant. 

In einem normalen Haushalt herrscht so gut wie immer ein gewisser Bedarf an Energie. Sei es, um zu heizen oder damit der Fernseher läuft. Dazu kommt in den meisten Fällen ein Kraftfahrzeug, das ebenfalls Energie benötigt. Auch dieser Bedarf fließt in die Energiebilanz des Haushalts ein. Ziel der Energieautarkie ist es nun, so viel Energie wie möglich selbst zu produzieren und die Abhängigkeit von der öffentlichen Versorgung zu mindern.  

Welche Vorteile bringt es, sein Haus energieautark zu machen? 

  • Wer daran arbeitet, den Autarkiegrad seines Hauses weiter zu steigern, profitiert auf vielen unterschiedlichen Ebenen davon. Die drei wichtigsten sind die Energiekosten, die Unabhängigkeit und die Nachhaltigkeit: Energiekosten: Die Preise für Strom und Gas aus dem öffentlichen Netz sind zuletzt in die Höhe geschossen. Die Energie aus der eigenen Photovoltaikanlage kostet hingegen aktuell nur 10 Cent, und das wird auch für längere Zeit so bleiben. Das Sparpotenzial ist damit enorm. 
  • Unabhängigkeit: Ein hoher Autarkiegrad verringert die Abhängigkeit von klassischen Energieversorgern, Preisschwankungen fallen nicht mehr so stark ins Gewicht. Zudem stellt ein Ausfall der öffentlichen Stromversorgung kein Problem dar. 
  • Nachhaltigkeit: Der Strom aus dem öffentlichen Netz bestand im Januar 2022 zu 51,1 % aus erneuerbaren Energien (Windkraft, Photovoltaik, Biomasse, Wasserkraftwerke). Der Rest stammt von Stein- und Braunkohle, Erdgas und Kernkraft. Eine Selbstversorgung mit sauberer Energie (Sonnenenergie, Erd- oder Umweltwärme) ist deutlich nachhaltiger. Dasselbe gilt fürs Thema „Heizen“. Eine (großteils) mit Solarstrom betriebene Wärmepumpe ist klar ökologischer als der Anschluss ans Gas- oder Fernwärmenetz bzw. der Betrieb einer Ölheizung. 

Ist 100 %-ige Autarkie möglich? 

So ausgeklügelt das Konzept auch sein mag: Eine vollkommen autarke Energieversorgung ist nicht möglich. Nehmen wir das Beispiel einer kleinen Almhütte. Da sie nicht ans Netz angeschlossen ist, muss sie ihren Strom selbst produzieren. Das funktioniert im Sommer über eine Photovoltaikanlage sehr gut, in der dunklen Jahreszeit ist die Produktion aber nicht ausreichend. Was den Wärmebedarf angeht, lässt sich dieser im Sommer problemlos mit Holz decken. Auch dieses Konzept stößt im Winter aber an seine Grenzen. In der Regel ist es so, dass Brennstoffe wie Öl, Gas oder Pellets rechtzeitig gekauft und für die kalten Monate eingelagert werden müssen. Eine 100 %-ige Autarkie ist deshalb – zumindest vom derzeitigen Stand aus – nicht möglich. 

Was ist die Sektorenkopplung? 

Auf dem Weg zu einer hohen Energieautarkie und einer gleichzeitig möglichst niedrigen Stromrechnung heißt das Zauberwort „Sektorenkopplung“. Dabei geht es um nichts anderes als die Verbindung der bestehenden Energiesektoren Strom, Wärme und Verkehr bzw. Mobilität. 
Die Bereiche Wärme und Verkehr/Mobilität beziehen ihre Energie zum überwiegenden Großteil noch aus fossilen Energiequellen. Im Bereich Strom hat die Bedeutung der erneuerbaren Energien über die letzten Jahre kontinuierlich zugenommen. Im gesamten bundesweiten Energiemix (zu dem ja auch die Wärmeenergie zählt) ist sie hingegen noch eher gering. 2019 betrug der Anteil der Erneuerbaren Energien etwas mehr als 17 %. 

Nun ist die soeben vorgestellte Sektorenkopplung ein Konzept, das sowohl im Kleinen als auch im Großen funktionieren bzw. greifen soll.  An dieser Stelle soll es es deshalb um die Möglichkeiten einer Sektorenkopplung im Privatbereich gehen, 

Energieautarkes Haus: So sieht ein mögliches Konzept aus 

Autarke Stromversorgung  

Die gängigste Variante ist die Stromerzeugung mit einer eigenen Photovoltaikanlage. Ebenfalls möglich, aber weitaus weniger verbreitet, sind die Optionen Windrad oder Blockheizkraftwerk. In seltensten Fällen kommen auch Stromaggregate zum Einsatz. Damit ist die Autarkie aber stark eingeschränkt, da erst wieder Treibstoff gekauft werden muss (dessen Verbrennung noch dazu umweltschädlich ist).  

Die Möglichkeiten im Überblick: 

  • Photovoltaikanlage 
  • Windrad/Windturbine 
  • Blockheizkraftwerk 
  • Stromaggregat (Achtung: fossile Brennstoffe)

Autarke Wärmeversorgung  

Grundsätzlich sind alle Häuser, die weder ans Gas- noch ans Fernwärmenetz angeschlossen sind, autark. Sie verfügen über eine Zentralheizung, die die Wärmeerzeugung übernimmt. Der Haken: Sie benötigen Brennstoff und sind somit abhängig von externer Energie. Die einzig wirklich autarke Methode der Wärmeversorgung ist eine Solarthermieanlage. Allerdings ist die Technik noch nicht so weit, dass ein derartiges System die Beheizung eines Einfamilienhauses komplett übernehmen könnte. An der Anschaffung einer zusätzlichen Heizungsanlage führt somit kein Weg vorbei.  

Die Optionen im Überblick: 

  • Solarthermie (völlig autark) 
  • Holz-, Gas- oder Ölheizung 
  • Blockheizkraftwerk 
  • Wärmepumpe (abhängig vom Stromnetz, verbessert allerdings die Gesamtautarkie) 

Autarke Energieversorgung für die Mobilität 

Zwar ist dieser Punkt bereits in der autarken Stromproduktion abgedeckt, im Sinne der zuvor vorgestellten Sektorenlösung soll er aber an dieser Stelle zumindest kurz erwähnt werden. Die Stromerzeugung für E-Autos und andere elektrisch betriebene Fahrzeuge erfolgt in der Regel über eine Solaranlage. Geladen werden diese KFZ dann über eine sogenannte Wallbox. 

Wie sieht das energieautarke Haus in der Praxis aus? 

Nachdem bereits die Frage der Energieerzeugung behandelt wurde, steht noch ein zweites großes Problem an. Solaranlagen aller Art (Photovoltaik und Solarthermie) produzieren bekanntlich nur dann Energie, wenn auch die Sonne scheint. Der Bedarf ist aber in der Nacht deutlich höher als am Tag (warmes Bad am Abend, Innen- und Außenbeleuchtung etc.). Wie lässt sich das Konzept des energieautarken Hauses in der Realität also am besten umsetzen? 

Schritt: Das passende Grundstück

Damit die Solaranlage auch möglichst viel Energie liefern kann, muss zunächst einmal das richtige Grundstück gefunden werden. Neben der Ausrichtung nach Süden (oder ggf. Nach Ost-West) ist eine weitestgehende Freiheit von Beschattung wichtig. Um die Kraft der Sonne optimal nutzen zu können, sollte die Dachneigung 45 ° betragen. 

Schritt: Strom im energieautarken Haus

Eine Photovoltaikanlage ist in einem autarken Haus ein zentrales Element, denn sie produziert den Strom für das gesamte Gebäude.  Damit das System aber optimal arbeiten kann, sind weitere Komponenten nötig. 

  • Speicher: Um den tagsüber produzierten Solarstrom nachts nutzen zu können, muss er zunächst irgendwo gespeichert werden. Leistungsstarke Bleigel- oder Lithium-Batterien erlauben mittlerweile die Speicherung über einen langen Zeitraum. Um noch längere Speicherzeiträume möglich zu machen, beschäftigt sich die Forschung intensiv mit dem Thema. Mittlerweile gibt es Technologien, die überschüssige Energie in Wasserstoff umwandeln, der in speziellen Behältern gelagert werden kann. Bei Bedarf erfolgt über eine Brennstoffzelle die Rücktransformation in Strom. 
  • Steuerung: Um das Maximum aus der erzeugten/verwendeten Energie rauszuholen, ist ein smartes Energiemanagement ungemein wichtig. Die angeschlossenen Elektrogeräte arbeiten nach Möglichkeit nur dann, wenn auch tatsächlich selbst Strom erzeugt wird. Befindet sich das System in Abhängigkeit vom öffentlichen Netz, achtet das Management-Gadget darauf, nur so wenig Strom wie möglich zu verbrauchen. 
  • Geräte: Je älter elektronische Geräte sind, desto höher ist üblicherweise ihr Stromverbrauch. An der alten Waschmaschine festzuhalten, ist aus energiepolitischer Sicht also oft keine gute Idee. Neue energieeffiziente Geräte helfen, den Stromverbrauch zu minimieren und den Autarkiegrad zu erhöhen.

Schritt: Heizung im energieautarken Haus

Die praktikabelste Option ist die Kombination von Photovoltaikanlage und Wärmepumpe. Der Solarstrom betreibt (bis zu einem gewissen Grad) die Pumpe, die wiederum für wohlige Wärme sorgt. Auch in diesem Setting kommt einem Stromspeicher übrigens eine große Rolle zu. Die Kombi PV-Anlage/Speicher/Wärmepumpe liefert etwa 70-80 % der Energie, die für das Heizen eines Einfamilienhauses notwendig ist. Der Rest kommt aus dem Netz. 

Die zweite Variante ist jene der Solarthermie. Die über Solarkollektoren gewonnene Wärmeenergie wird in einem großen und sehr gut gedämmten Wärmespeicher gelagert und lässt sich bei Bedarf abrufen. Alleine kann aber auch die Solarthermie ihr Zuhause nicht heizen. Mit einem Pelletofen oder einem Stückholzkessel bleiben Sie aber zumindest unabhängig vom Gasnetz.

Punkt: Die richtige Dämmung

Je geringer der Energieverbrauch ist, desto weniger muss davon überhaupt erzeugt werden. Wer seinen Bedarf senken und somit den Autarkiegrad seines Einfamilienhauses erhöhen möchte, der sollte den Zustand der Dämmung auf jeden Fall modernisieren. 

Welche Hindernisse gibt es auf dem Weg zu mehr Autarkie? 

Bei all den unbestreitbaren Vorteilen, die ein möglichst energieautarkes Haus mit sich bringt, gibt es auch den einen oder anderen Punkt, der auf der Contra-Seite vermerkt werden kann. Die zwei wichtigsten: Hohe Kosten und das Risiko eines Ausfalls. 

  • Kostenfrage: Um ein Haus wirklich zu 100 % energieautark zu machen, sind große Mengen an Energie nötig. Diese lassen sich nur durch ebenso große – und somit teure! – Anlagen erzeugen. Deren Betrieb ist aber unwirtschaftlich, weshalb eine Kombination aus selbstproduziertem und Netzstrom empfehlenswert ist. 
  • Ausfallrisiko: Der Vorteil der Autarkie kann sich bei einem Defekt schnell in einen Nachteil verwandeln. Während Stromausfälle im öffentlichen Netz meist schnell wieder behoben sind und sich der Verbraucher um nichts kümmern muss, hilft beim Blackout der hauseigenen Anlage keine öffentliche Hand. Im Fall der Fälle muss ein Techniker verständigt werden, der sich vor Ort ein Bild macht.

Energieautarkes Haus: Fazit 

Sich aus der Abhängigkeit von großen Energieversorgern zu befreien – und wenn es sich auch nur um einen geringen Prozentsatz handelt – ist immer eine gute Idee. Die Kostenersparnis ist enorm und in Sachen Nachhaltigkeit hat die selbstproduzierte grüne Energie ohnehin die Nase vorn. Die Technik ist jedenfalls da. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, seinen Bedarf teilweise selbst zu decken und sein Zuhause autarker zu machen. Ihre Geldbörse und die Umwelt werden es Ihnen danken. 

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