Balkonkraftwerke & Strafen: Was ist zu beachten? | Klimaworld
Warum Strafzahlungen für Balkonkraftwerke drohen – und wie Sie diese umgehen können
Im Zuge der Novelle des EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) wurde die Abschaffung der bisher geltenden 70-Prozent-Regelung für Solarstrom beschlossen. Am 1. Januar 2023 wird diese neue Regelung in Kraft treten. Für die Betreiber von Balkonkraftwerken bringt diese Gesetzesänderung potenziell Probleme mit sich, denn Strafzahlungen stehen im Raum.
Dieser Artikel verrät Ihnen, in welchem Fall Sie zur Kasse gebeten werden könnten und wie Sie sich davor schützen können.
> Was sind Balkonkraftwerke und warum sind sie so beliebt?
> Was ist die „70-Prozent-Regelung“?
> Warum könnte die 70-Prozent-Regelung zum Problem werden?
> Balkonkraftwerke: Welche Strafzahlungen drohen?
> Balkonkraftwerke: Möglichkeiten, um die Strafzahlungen abzuwenden
> Balkonkraftwerke und Kontrollen: Die aktuelle Praxis
Was sind Balkonkraftwerke und warum sind sie so beliebt?
Um die Problemstellung in Ihrer Gesamtheit verstehen zu können, ist eine kurze Einführung in die Thematik nötig. Was ist also überhaupt ein Balkonkraftwerk? Ein Balkonkraftwerk erlaubt es, auf dem Balkon, im Garten oder auf der Veranda ohne viel Aufwand selbst Solarstrom zu produzieren. Liegt die Leistung des Wechselrichters bei unter 600 Watt, ist sogar ein Anschluss der Anlage ohne fachmännischer Hilfe möglich. Alles, was Betreiber eines derartigen Mini-Solarkraftwerks zu erledigen haben, ist eine Anmeldung beim Netzbetreiber und dem Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur – und schon kann es losgehen.
Die Vorzüge eines Ballonkraftwerks kurz zusammengefasst:
- 100 % grüner Strom aus eigener Produktion
- Anschluss ohne Elektriker
- Wenig Bürokratie
- Senkung der Stromrechnung
Balkonkraftwerke sind somit die wohl einfachste Art und Weise, selbst Solarstrom zu produzieren. Selbstverständlich lässt sich mit den Mini-Versionen niemals auch nur annähernd derselbe Ertrag erzielen wie mit einer klassischen PV-Anlage auf dem Dach. Einen kleinen Beitrag zur Deckung des heimischen Strombedarfs liefern die Kraftwerke dennoch. Und gerade in Zeiten wie diesen, in denen Energiepreise regelrecht durch die Decke schießen, ist jede finanzielle Erleichterung gern gesehen. Der Blogbeitrag zum Thema Balkonkraftwerke liefert Ihnen weiterführende Informationen, wenn Sie sich für diese Art der heimischen Stromerzeugung interessieren.
Was ist die „70-Prozent-Regelung“?
Die sogenannte „70-Prozent-Regelung“ ist Bestandteil des EEG und wurde zum Schutz vor Überlastung des öffentlichen Stromnetzes eingeführt.
Deren Kernaussage lautet:
Betreiber einer Photovoltaikanlage bis zu einer Gesamtleistung von 25 kW dürfen maximal 70 % der installierten Leistung ihrer Anlage ins Netz einspeisen.
Die Wechselrichter großer Photovoltaikanlagen sind deshalb so programmiert, dass sie deren Ausgangsleistung auf die besagten 70 % drosseln können. Eine andere Variante ist die ferngesteuerte Drosselung durch den Netzbetreiber.
Was bedeutet „installierte“ Leistung? Unter „installierter Leistung“ ist die Gesamtleistung der montierten Solarmodule zu verstehen. Wer sich für ein Balkonkraftwerk mit drei 400-Watt-Modulen entschieden hat, der verfügt über eine installierte Leistung von 1.200 Watt oder 1,2 Kilowatt (kW). |
Für die Betreiber von Balkonkraftwerken war die 70-Prozent-Regelung bisher uninteressant und nicht von Belang. Der Grund: Bei einem Verstoß gegen diese Regelung sah der Gesetzgeber die Verminderung der Einspeisevergütung vor. Diese Vergütung wird von staatlicher Seite ausbezahlt, wenn mittels PV-Anlage generierter Strom ins öffentliche Netz eingespeist wird. Balkonkraftwerke liefern nun keine derartige Menge an Öko-Strom, dass sie im Haushalt nicht verbraucht werden könnten und deshalb eingespeist werden müssten. Deswegen waren sie auch von dieser Regelung nicht betroffen. Das hat sich allerdings inzwischen geändert.
Warum könnte die 70-Prozent-Regelung zum Problem werden?
Präziser formuliert ist es nicht die 70-Prozent-Regelung, die zum Problem werden könnte, sondern deren Abschaffung. Die ist in der seit dem 30. Juli 2022 gültigen neuen Variante des EEG festgeschrieben und für den 1. Januar 2023 geplant. Grundsätzlich soll damit der Betrieb von Solaranlagen erleichtert werden.
Aber: Die Abschaffung ist nur gültig für Balkonkraftwerke, die nach dem 1. Januar 2023 angemeldet werden. Für alle Bestandsanlagen gilt die Regelung weiterhin. Und während bisher bei Überschreiten der Grenze lediglich die Einspeisevergütung verringert wurde, drohen ab sofort Strafzahlungen. In bestimmten Fällen können Sie also tatsächlich zur Kasse gebeten werden.
Balkonkraftwerke: Welche Strafzahlungen drohen?
Das neue EEG sieht im Fall des Überschreitens der 70-Prozent-Grenze in Zukunft Strafzahlungen an den Netzbetreiber zu. Diese liegen bei zehn Euro je Kilowatt installierter Leistung. Konkret würde das bei der weiter oben beschriebenen Balkonanlage mit einer installierten Leistung von 1,2 kW eine Strafe von 12 Euro pro Monat bedeuten. Hochgerechnet aufs Jahr wären das immerhin 144 Euro.
Da die Kostenersparnis durch ein Balkonkraftwerk ohnehin bereits nicht unbedingt üppig ist, würde sich ein Betrieb so gut wie nicht mehr rechnen. Das neue Gesetz würde im Falle der Balkonkraftwerke somit genau das Gegenteil von dem bewirken, was eigentlich geplant wäre.
Aus zwei Gründen können wir an dieser Stelle aber sagen, dass die ganze Sache in der Realität weit weniger drastisch sein wird, als es hier zunächst den Anschein macht. Denn einerseits gibt es technische Möglichkeiten, die Leistung entsprechend anzupassen. Und andererseits gilt auch in diesem Fall wie so oft: Es wird nicht so heiß gegessen wie gekocht.
Balkonkraftwerke: Möglichkeiten, um die Strafzahlungen abzuwenden
Sie wollen unbedingt noch im Jahr 2022 ein Balkonkraftwerk in Betrieb nehmen, sich aber dennoch keine Sorgen wegen der in diesem Fall weiterhin bestehenden 70-Prozent-Regelung mache? Dann hilft Ihnen die Technik beim gesetzeskonformen Betrieb Ihrer Mini-PV-Anlage.
Die Lösungen sind dabei simpel:
- Passender Wechselrichter: Verwenden Sie einfach einen Wechselrichter mit 30 Prozent geringerer Ausgangsleistung als die angeschlossenen Solarmodule. Unsere Beispielanlage mit 1.200 Watt installierter Leistung würde die 70 % bei 840 Watt erreichen. Verwenden Sie einen Wechselrichter mit einer Maximalleistung von 800 Watt, können rein rechnerisch gar keine Probleme mit der bestehenden Regelung auftreten.
- Leistung unter 70 %: Wer zudem nachweisen kann, dass sein Balkonkraftwerk aufgrund der besonderen Lage und der spezifischen Ausrichtung ohnehin nicht mehr als 70 % der installierten Leistung erreichen kann, muss sich ebenfalls keine Sorgen machen. Dies wurde 2019 tatsächlich von einem Schiedsgericht festgelegt.
Balkonkraftwerke und Kontrollen: Die aktuelle Praxis
Gesetzgeber und Netzbetreiber können nur kontrollieren, was auch tatsächlich angemeldet ist. In diesem Punkt gibt es in Deutschland Experten zufolge einen gewaltigen Unterschied zwischen in Verwendung stehenden und tatsächlich registrierten Balkonkraftwerken. Inoffizielle Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 90 % der Anlagen nicht gemeldet sind. Das wirkliche Ausmaß zu ermitteln, ist für offizielle Stellen schlicht unmöglich.
Neben der nicht durchführbaren Kontrolle unangemeldeter Balkonkraftwerke gibt es noch einen weiteren wichtigen Punkt. Würde der Gesetzgeber die ehrlichen Betreiber der ca. 10 % korrekt gemeldeter Mini-PV-Anlagen sanktionieren, würde das ein völlig falsches Signal senden.
Die Folgen wären vermutlich:
- Sinkende Bereitschaft zur Installierung von Balkonkraftwerken
- Sinkende Menge an selbstproduziertem Öko-Strom
- Steigender Strombedarf
- Steigende Anzahl an illegalen Balkonkraftwerken
- Weniger Möglichkeiten, geltende Sicherheitsstandards bei Mini-PV-Anlagen zu kontrollieren
Eine strenge Durchsetzung des Gesetzestextes würde im Fall von Balkonkraftwerken also nicht nur mehr illegale Anschlüsse zur Folge haben, sie würde zudem den Ausbau alternativer Energien erschweren. Und beides kann nicht im Sinne der Bundesregierung sein.
Balkonkraftwerke und Strafzahlungen: Fazit
Ja, dem Gesetz zufolge könnten sich Betreiber von Balkonkraftwerken ab dem 1. Januar 2023 tatsächlich mit Strafzahlungen wegen zu hoher Einspeisung ins Stromnetz konfrontiert sehen. In der Realität haben allerdings die „Ausnahmefälle“ deutlich mehr Gewicht. Denn:
- Die Regelung gilt vorerst nur für Anlagen, die nach dem 1. Januar 2023 angemeldet werden. Bereits installierte Geräte sind davon nicht betroffen.
- Balkonkraftwerke sind in der Regel nicht auf die Einspeisung von selbstproduziertem Öko-Strom ins öffentliche Netz ausgelegt. Der überwiegende Großteil der Energie wird vor Ort selbst verbraucht.
- Es gibt einfache technische Möglichkeiten, unter der ausschlaggebenden 70-Prozent-Einspeisungsgrenze zu bleiben.
- Der überwiegende Großteil von Balkonkraftwerken ist nicht beim Netzbetreiber gemeldet. Es besteht also gar keine Möglichkeit, den Verbrauch bzw. die Einspeisung zu kontrollieren.
- Rücksichtslose Strafen würden das Ziel des Gesetzgebers – also eine Steigerung des Anteils an erneuerbaren Energiequellen – schädigen.
Zusammengefasst lässt sich also festhalten: Die Gesetzeslage ändert sich spätestens mit dem 1. Januar 2023 tatsächlich in einem relevanten Punkt. Wirklich dramatische Zeiten kommen auf die Betreiber von Balkonkraftwerken allerdings auch nicht zu. Und wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann dies mit einigen technischen Anpassungen auch sofort erledigen.