Geschichte und Meilensteine der Elektromobilität | Klimaworld
Geschichte und Meilensteine der Elektromobilität: Ein gelungenes Comeback
Elektromobilität ist so beliebt wie nie? Das stimmt nicht ganz. Vielmehr erlebt die Antriebsvariante aktuell ein beachtliches Comeback. Und das mehr als 100 Jahre nach ihrer ersten Hochphase. Nach den Anfängen in den 1830er-Jahren verkauften sich E-Autos zu Beginn des 20. Jahrhunderts besser als Benziner. Woran das gelegen hat und wie die Entwicklung der E-Mobilität weiterging, damit befasst sich dieser Artikel näher: Er zeichnet die allgemeine Geschichte der Elektromobilität nach und setzt zusätzliche Schlaglichter auf die wichtigsten Meilensteine.
> Geschichte der E-Mobilität: Erste Schritte in elektrische Gefilde
> Weiterentwicklung der Elektromobilität: Eine Kutsche als Vorläufer der Straßenbahn
> Geschichte der Elektromobilität: Geschwindigkeitsrekorde und ungefährdete Dominanz
> Der Weg nach unten: 3 Gründe für den Abstieg der Elektromobilität
> Krisen als Anstoß für das Comeback der E-Mobilität
> Der neue Glanz der Elektromobilität
> Geschichte der E-Mobilität: Gesetze, Quoten und unerwartete Hilfe
> Geschichte der Elektromobilität: Gekommen, um (endlich) zu bleiben
Geschichte der E-Mobilität: Erste Schritte in elektrische Gefilde
Die Geburtsstunde der Elektromobilität ist im Jahr 1821 zu finden. Zwar wurden damals noch keine fahrtüchtigen E-Mobile gebaut, der englische Forscher Michael Faraday – auch bekannt vom gleichnamigen Käfig – entdeckte aber, dass sich mithilfe von Elektromagnetismus eine dauerhafte Rotation erzeugen lässt. Er legte damit den Grundstein für sämtliche elektrische Fortbewegungsmittel.
Bis zur Fertigung der ersten E-Fahrzeuge sollte es noch knapp zehn Jahre dauern. Der Schotte Robert Anderson stellte 1832 einen elektrischen Karren vor. Das erste richtige E-Fahrzeug erblickte schließlich 1839 das Licht der Welt. Über den experimentellen Status schafften es die Vehikel lange Zeit jedoch nicht. Die bevorzugte Form, in die Entwicklungszeit gesteckt wurde, waren zunächst ganz klar die Schienenfahrzeuge.
Staatliche Förderungen Die US-Regierung war eine der ersten, die das Potenzial der Elektromobilität erkannte und entsprechend förderte. Sie unterstützte die Experimente des Erfinders Charles Grafton Page finanziell und ermöglichte somit unter anderem die Entwicklung einer elektrischen Lokomotive. Die ersten Testfahrten fanden bereits im Jahr 1851 statt, die dabei erreichte Höchstgeschwindigkeit lag bei 31 km/h. |
Weiterentwicklung der Elektromobilität: Eine Kutsche als Vorläufer der Straßenbahn
In den kommenden Jahrzehnten nahm die Entwicklung der Elektromobilität mehr und mehr Tempo auf. 1881 kurvte der französische Ingenieur Gustave Trouvé mit einem elektrisch betriebenen Dreirad durch Paris. Das „Trouvé Tricycle“ gilt heute als das erste anerkannte Elektromobil. Höchstgeschwindigkeit: Immerhin 12 km/h.
Ein Jahr später folgte die erste elektrische Kutsche, entwickelt von dem bekannten deutschen Industriellen Werner Siemens, der als Begründer der modernen Elektrotechnik in die Geschichte einging. Die Kutsche bezog den benötigten Strom aus einer elektrischen Oberleitung und ist somit die Urmutter aller heute gängigen Straßenbahnen, E-Busse etc.
Der erste Porsche? Ein E-Auto Was heute als Synonym für PS-starke Sportwagen mit mächtigen Benzinmotoren gilt, war früher ein Vorreiter in Sachen Elektroautos. Das erste von Ferdinand Porsche entwickelte Auto war ein E-Auto für seinen damaligen Arbeitgeber, die sogenannten Lohner-Werke. Das 1899 vorgestellte Fahrzeug ist deshalb heute als „Lohner-Porsche“ bekannt und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 50 Stundenkilometern. |
Geschichte der Elektromobilität: Geschwindigkeitsrekorde und ungefährdete Dominanz
Kurz vor der Jahrhundertwende sorgte die Elektromobilität für einen neuen Geschwindigkeitsrekord. 1899 gelang es erstmals einem Menschen, sich mit einer Geschwindigkeit von mehr als 100 km/h fortzubewegen. Verantwortlich für die Überwindung dieser Grenze war der belgische Rennfahrer Camille Jenatzy in seinem Elektroauto „La Jamais Contente“ (auf Deutsch: Die niemals Zufriedene). Anders als die bisher üblichen kutschenähnlichen Fahrzeuge wies sein Gefährt eine Zigarrenform auf.
Anfang der 1900er-Jahre war das E-Auto deutlich weiter verbreitet als die benzinbetriebene Konkurrenz. Zu Beginn des Jahrhunderts gab es in den USA rund 34.000 elektrisch betriebene Fahrzeuge. Zudem wurden Rennen mit E- Autos veranstaltet. Diese waren deutlich zuverlässiger und leise als Verbrenner und hatten auch keinen so hohen Wartungsbedarf.
Der Weg nach unten: 3 Gründe für den Abstieg der Elektromobilität
Es sollte nicht lange dauern, bis sich die Kräfteverhältnisse umdrehen sollten. Die Beliebtheit von Verbrennern stieg rasant ein, während E-Autos in derselben Geschwindigkeit in der Versenkung verschwanden. Das hatte mehrere Gründe:
- Erdölboom: Verbesserte Technologien machten die Erdölförderung deutlich lukrativer. Um neue Absatzmärkte zu generieren, lobbyierten Erdölunternehmen stark für den Verbrenner und verpassten ihm ein neues Image. Das Zeitalter des billigen Benzins hatte begonnen.
- Komfort: Der elektrische Anlasser für Verbrennungsmotoren war ein weiterer Erfolgsgrund Er machte das mühsame händische Anlassen der Benziner überflüssig. Davor war es beim Gebrauch der schweren Handkurbeln immer wieder zu teilweise gravierenden Unfällen gekommen.
- Militär: Großen Einfluss auf den Niedergang der E-Mobilität hatte zudem das Militär. Die Befehlshaber verlangten im Ersten Weltkrieg nach zuverlässigen Fahrzeugen mit großer Reichweite. Benziner hatten in diesem Punkt den immensen Vorteil, dass in ihnen problemlos gefüllte Kanister mittransportiert werden konnten. Ging eine Tankfüllung zur Neige, konnte einfach nachgefüllt werden. Bei Elektrofahrzeugen gab es diese Möglichkeit nicht. Die Entwicklungen im militärischen Bereich wurden nach und nach auch für private Mobilität relevant, die Verbesserungen waren umfassend, die Technologiesprünge kamen in immer kürzeren Abständen.
Krisen als Anstoß für das Comeback der E-Mobilität
Für den Rest des 20. Jahrhunderts spielte die Elektromobilität nicht viel mehr als eine Nebenrolle. Während der ersten Ölkrisen der 1970er- und 80er-Jahre erschienen Elektroautos kurzfristig wieder als Alternative auf der Bildfläche. Von einer Serienproduktion war man damals aber noch kilometerweit entfernt. Die E-Mobilität blieb zunächst nur etwas für Tüftler und Forscher.
Erst in den 1990er-Jahren zeichneten sich merkliche Veränderungen ab. (Mit-)Auslöser war einmal mehr eine Ölkrise, diesmal ausgelöst vom ersten Golfkrieg. Zur selben Zeit entstand ein öffentliches Bewusstsein für die Auswirkungen unseres Lebensstils auf den Planeten. Erste entsprechende Regelungen wurden erlassen. Ein vom California Air Resources Board (CARB) erlassenes Gesetz stieß neue Innovationen an und sorgte für die Entwicklung neuer Modelle am Beginn der 1990er-Jahre. Auf eine Lockerung dieses Gesetzes folgte allerdings ein Abflauen des Forschungsdrangs, die Hersteller konzentrierten sich wieder auf die Verbrenner.
Das mysteriöse Ende des EV1 General Motors produzierte in den 1990er-Jahren mit dem Modell EV1 ein massentaugliches Elektro-Auto. Kunden konnten es allerdings nicht kaufen, sondern nur leasen. In drei Jahren wurden rund 1.000 Fahrzeuge ausgeliefert, ehe der Hersteller alle wieder zurückrief und verschrotten ließ. Offizieller Grund: Geringe Nachfrage und keine Produktion von Ersatzteilen. Eine Dokumentation über das Ende des EV1 nährt allerdings den Verdacht, dass die Autohersteller und die Ölindustrie im Hintergrund den Fortschritt der Elektromobilität manipulieren wollten. Beweise gibt es dafür natürlich nicht. |
Der neue Glanz der Elektromobilität
Es vergeht ein weiteres Jahrzehnt, bevor die E-Mobilität den Schritt ganz heraus aus der Nische schafft. Eine Vielzahl junger Unternehmen verpasst der etwas angestaubten Sparte ein neues Image. Allen voran Tesla. Der 2008 vorgestellte Tesla Roadster ist das erste Lifestyle-Produkt der Branche.
Durch die konstante Weiterentwicklung der Lithium-Ionen-Batterie wird der Grundstein für eine tatsächliche Massenproduktion von Elektroautos gelegt. Die größeren Stückzahlen drücken die anfangs noch hohen Stückpreise kontinuierlich auf ein marktkonformes Niveau.
Geschichte der E-Mobilität: Gesetze, Quoten und unerwartete Hilfe
In den 2010er-Jahren wird die Elektromobilität zwar immer beliebter, der finale Schub bleibt aber gefühlt weiterhin aus. Ab 2015 wendet sich dann das Blatt und die E-Mobilität profitiert von drei unterschiedlichen Entwicklungen:
- Skandale: 2015 fliegt Dieselgate auf. Der eigentlich als CO2-armer Nachfolger des Benziners angedachte Diesel-Motor ist bei Weitem nicht so emissionsarm, wie es zahlreiche Tests zuvor vermuten ließen. Die Hersteller hatten bei den Schadstofftests massiv getrickst und betrogen. Von diesem Tiefschlag erholt sich das Dieselauto nicht mehr, die Industrie benötigt rasch eine umweltfreundliche Alternative zum Benziner – und wendet sich vermehrt dem E-Auto zu.
- Quote: China hat sich längst zum größten Automarkt der Welt entwickelt. Was dort passiert, hat großen Einfluss auf die globale Industrie. Als die Regierung 2017 eine E-Auto-Quote einführt, kommt das einem Erdbeben gleich. Die chinesischen Hersteller arbeiten mit Hochdruck an günstigen E-Autos für die Masse und scheinen damit Erfolg zu haben. Von den in China zehn meistverkauften Elektrofahrzeugen stammen neun aus heimischer Produktion. Die Hersteller drängen mittlerweile auch stark auf den europäischen Markt.
- Gesetze: Die Europäische Union verabschiedete 2019 den sogenannten „Green Deal“. Ziel ist der Umbau Europas hin zu mehr erneuerbaren Energien. 2,2 Milliarden Euro an Fördergeldern stehen allein für die grüne Verkehrswende bereit. Wer etwas aus den Fördertöpfen haben möchte, muss entsprechende Produkte anbieten. E-Mobilität hat sich zu einem ausgesprochen lukrativen Geschäft entwickelt – was wiederum Forschung und Innovation antreibt. Zusätzlich plant die EU-Kommission, ab 2035 nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zuzulassen.
Geschichte der Elektromobilität: Gekommen, um (endlich) zu bleiben
Die bisherige Geschichte der Elektromobilität gleicht einer Achterbahnfahrt. Nach einem vielversprechenden Beginn in den 1880er-Jahren und einer ersten Hochphase Anfang des 20. Jahrhunderts folgten ein massiver Absturz und die Verbannung in eine Nische für viele Jahrzehnte. Erst mehrere Krisen und das gesteigerte Bewusstsein für Umweltverschmutzung brachte die E-Mobilität langsam wieder aus dem Schatten der Benziner heraus. Nachdem die Technologie in den 1990ern lediglich für eine kleine Blase an Entwicklern und Enthusiasten interessant war, steigt ihre Wichtigkeit seit Beginn der 2000er kontinuierlich. Diesmal ist die Elektromobilität auf jeden Fall gekommen, um zu bleiben.