Neuerungen im Osterpaket der Bundesregierung | Klimaworld
Das Osterpaket der Bundesregierung – Ein Überblick
Am 07. Juli 2022 hat der Bundestag das „Osterpaket“ beschlossen. Federführend war hier Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. Darin enthalten sind zahlreiche Maßnahmen, die die Energiewende in Deutschland weiter vorantreiben sollen. Das Ziel des Gesetzespakets ist es, die Stromversorgung in Deutschland fast komplett auf erneuerbare Energien umzustellen und damit unabhängig von Energieimporten zu werden. Zentrale Bausteine sind dabei der Ausbau der erneuerbaren Energien und ein verbindliches 2-%-Flächenziel, für welches erstmals die Länder in die Pflicht genommen werden.
Welche Maßnahmen im Osterpaket genau enthalten sind, welche Gesetze neu oder verändert sind und wie die Umsetzung der Pläne finanziert wird, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
> Osterpaket: Erneuerbare Energie im Fokus
> Maßnahmen des Osterpakets
> Finanzierung des Osterpakets
> Zusammenfassung
Das Osterpaket: Erneuerbare Energien im Fokus
Im Mittelpunkt des Osterpakets steht der Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Ausbauziele wurden dementsprechend angehoben. Allein bis 2030 sollen 80 % des Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Diese ehrgeizige Zielvorgabe fordert einen deutlich schnelleren Ausbau der entsprechenden Kapazitäten. Insbesondere, da die zunehmende Elektrifizierung für einen immer weiter ansteigenden Strombedarf sorgt.
Daher stehen drei Gesetzesentwürfe im Vordergrund des Osterpakets:
- Sofortmaßnahmen, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen
- Gesetzesänderungen: Windenergie-auf-See-Gesetz
- Anpassung des Energiewirtschaftsrechts in Bezug auf das Klimaschutz-Sofortprogramm
Im Rahmen der Sofortmaßnahmen liegt der Fokus auf dem schnellen Ausbau erneuerbarer Energien und einem raschen Ausstieg aus fossilen Energien. Dabei ist die Klimakrise nicht mehr der ausschließliche Grund für Anpassungen. Die Ukraine-Krise 2022 sorgt dafür, dass für Deutschland sicherheitspolitische Interessen und eine unabhängigere Aufstellung schnelles Handeln erfordern. Aus diesem Grund wurde eine neue Einstufung vorgenommen. Der Ausbau erneuerbarer Energie ist von „überragendem öffentlichen Interesse“ und zu einer „Frage der nationalen Sicherheit“ geworden.
Neben Gesetzesänderungen und Sofortmaßnahmen wurden mit dem Osterpaket außerdem die Ausschreibungsmengen angepasst, um die neuen Ziele zu erreichen. Während die Ausschreibungen für Solaranlagen, Windenergie auf See und an Land in jährlichen Staffelungen stark ansteigen, sollen die Ausschreibemengen für Biomasse jährlich abnehmen. Die Innovationsausschreibung bleibt weiterhin erhalten. Zusätzlich wurde ein Ausschreibungssegment für die Erzeugung von Strom aus grünem Wasserstoff hinzugefügt.
Welche Maßnahmen sind Teil des Osterpakets?
Gleich fünf Gesetze werden mit dem Osterpaket angepasst oder neu geschaffen: das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das Energie-Wirtschaftsgesetz, das Windenergie-auf-See-Gesetz, das Netzausbaubeschleunigungsgesetz und das Bundesbedarfsplanungsgesetz. Daraus ergeben sich insgesamt 56 geplante Gesetzesänderungen und Maßnahmen. Folgende Sofortmaßnahmen sollen die Erreichung der Ziele im Bereich des Solarstroms unterstützen:
- Vergütung: Solaranlagen mit einer Größe bis zu 1 Megawatt erhalten eine feste Einspeisevergütung. Diese liegt abhängig von der Leistung der Anlage zwischen 6,2 und 8,6 ct/kWh. Anlagen-Betreiber, die den gesamten erzeugten Strom in das öffentliche Netz einspeisen, erhalten eine Sondervergütung. Ebenfalls abhängig von der installierten Leistung liegt diese zwischen 8,1 und 13,4 ct/kWh. Auch bürokratische Hürden sollen beseitigt werden. Schnell und digital können Netzbetreiber nun Webportale für die Online-Anmeldung nutzen.
- EEG-Umlage: Seit dem 01. Juli 2022 entfällt die EEG-Umlage. Die damit einhergehende Senkung des Strompreises wird an die Verbraucher weitergegeben. Die Finanzierung erneuerbarer Energieanlagen soll gänzlich über den Bundeshaushalt abgewickelt werden. Die dafür notwendigen Mittel kommen künftig aus dem Brennstoffemissionshandel.
Energiefinanzierungsgesetz (EnFG): Über das neue Energiefinanzierungsgesetz sind künftig alle energiebezogenen Umlagen wie beispielsweise die EEG-Umlage gebündelt. Auch die KWK-Umlage und die Offshore-Netz-Umlage sollen durch dieses Gesetz vereinheitlicht werden. |
- Anlagenzusammenfassung: Die Vereinfachung der Anlagenzusammenfassung ermöglicht es Anlagen-Betreibern, einen Teil der Dachanlage als Teileinspeiseanlage anzumelden, während der andere Teil als Volleinspeiseanlage arbeitet. Diese beiden Anlagen dürfen sich auf einem Dach befinden. Um eine solche Anmeldung vorzunehmen, sind lediglich zwei separate Zähler notwendig. Insbesondere für landwirtschaftliche Betriebe ist dadurch eine sinnvolle Nutzung großer Dachflächen deutlich einfacher. Vorher musste ein Zeitraum von 12 Monaten überbrückt werden, um eine Anmeldung in dieser Form vorzunehmen.
- Keine 70-%-Drosselung: Für Anlagen mit einer Größe von bis zu 25 Kilowatt gibt es mit dem Osterpaket keine Drosselung der Wirkleistungseinspeisung auf 70 % der installierten Leistung mehr. Damit hat die Ausbremsung der Bürgerenergie ein Ende.
- Steuerrechtliche Erleichterungen: Bisher mussten Betreiber Einkünfte durch eine Anlage ab 10 Kilowatt-Peak einkommens- und gewerbesteuerlich geltend machen. Diese Regelung entfällt mit dem neuen Osterpaket. Nun besteht diese Pflicht erst ab Anlagen ab 30 Kilowatt-Peak. Das führt zu deutlichen Entlastungen für zahlreiche Photovoltaikanlagen Besitzer. Zudem ist es künftig nicht mehr notwendig, dass Netzbetreiber für den Netzanschluss von Anlagen bis 30 Kilowatt-Peak anwesend sind. Lediglich eine schriftliche Zusage ist notwendig, damit der Anschluss an das Netz erfolgen kann.
- Erschließung neuer Flächen: Darüber hinaus sollen neue Flächen für den Bau von Photovoltaikanlagen erschlossen werden. Neben landwirtschaftlichen Nutzflächen (Agri-PV) und ungenutzten Wasserflächen (Floating-PV) sollen Moorböden künftig für die saubere Stromerzeugung genutzt werden. Aber auch Konversionsflächen und Seitenstreifen neben Autobahnen oder Schienen sind für den Ausbau von Photovoltaikanlagen vorgesehen.
Über den Solarstrom hinaus sollen außerdem zahlreiche Maßnahmen den Ausbau der erneuerbaren Energien erleichtern:
- Windenergie an Land: Der Ausbau von Windenergie an Land wurde in den letzten Jahren insbesondere durch das Umweltministerium zum Artenschutz und das Verkehrsministerium zu Dreh-, Funk- und Wetterradaren ausgebremst. Die Hindernisse und Hürden, die sich dadurch für erneuerbare Energien ergeben haben, werden nun abgebaut. Einigungen mit den Ministerien sollen jetzt für einen beschleunigten Ausbau sorgen. Aber auch die neue Einstufung spielt dabei eine Rolle. Sie ist insbesondere bei artenschutzrechtlichen Prüfverfahren oder Genehmigungsverfahren der Schutzgüterabwägung relevant.
Das eigens geschaffene Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) gibt darüber hinaus verbindliche Flächenziele vor. Bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, sind die Bundesländer angehalten, diese Ziele zu erreichen. Neben Zwischenzielen für 2027 wurden Gesamtziele für 2032 festgelegt. Damit wird die fortlaufend steigende Flächenausweisung sichergestellt. - Offshore Windenergie: Der Ausbau der Windenergie auf See war bisher nur auf vollständig voruntersuchten Flächen möglich. Nun sollen auch nicht-voruntersuchte Flächen für Ausschreibungen berücksichtigt werden. Auch auf See ist zudem eine Beschleunigung und Erleichterung von Prüfungsverfahren vorgesehen.
- Biomasse und Wasserkraft: Hinsichtlich der Energieträger Biomasse und Wasserkraft wird künftig eine Fokussierung auf bestimmte Energiemarktsituationen vorgenommen. Obwohl ursprünglich ein Ende der Förderung von Wasserkraftanlagen unter 500 Kilowatt in Planung war, gibt es weiterhin eine leicht reduzierte EEG-Vergütung.
Biomasse hingegen soll lediglich bei Spitzenlastkraftwerken weiterhin förderfähig bleiben. Die EEG-Vergütung in diesem Bereich wurde ebenfalls reduziert. - Wasserstoffbasierte Stromspeicherung: Das zusätzliche Ausschreibungssegment der wasserstoffbasierten Stromspeicherung fördert künftig innovative Konzepte, die Windenergieanlagen an Land und Solaranlagen als Energielieferanten sowie Wasserstoff als Stromspeicher kombinieren. So soll die Speicherung von überschüssigem Strom möglich werden.
Wie wird das Osterpaket finanziert?
Die Finanzierung des Osterpakets kommt aus verschiedenen Quellen. Zum einen werden große Summen von Unternehmen und privaten Investoren getragen, zum anderen stellt der Klimafond der Regierung einen Teil der anfallenden Kosten. In diesen fließen zusätzlich die nicht abgerufenen Coronagelder der Bundesregierung.
Bisher war die Hauptfinanzierungsquelle für Maßnahmen zum Ausbau der erneuerbaren Energien die EEG-Umlage auf den Strompreis. Diese wurde allerdings aufgrund der gestiegenen Energiepreise gekippt. Zu Beginn des zweiten Halbjahrs 2022 ist sie gänzlich entfallen. Auf den Steuerzahler sollen laut Klimaminister Habeck künftig keine Kosten für die Umsetzung dieser Pläne zukommen.
Das Osterpaket der Bundesregierung: Fazit
Mit dem Osterpaket ist eine große Anzahl neuer Gesetzesentwürfe in Kraft getreten, die den Ausbau der erneuerbaren Energien in den Fokus rücken. Obwohl das Ziel, bis 2035 ein weitestgehend emissionsfreies Stromsystem aufzubauen, gestrichen wurde, sind die gesetzten Ziele weiter sehr ehrgeizig. Damit die Umsetzung erfolgreich verläuft, wurden die Ausschreibungsmengen angepasst und Maßnahmen in verschiedenen Sektoren in die Wege geleitet.
Insbesondere bei Solarstrom ergeben sich daraus für Anlagen-Besitzer zahlreiche Vorteile. Gestiegene Einspeisevergütungen, steuerrechtliche Erleichterungen, weniger bürokratische Hürden und die vereinfachte Anlagenzusammenfassung erleichtern Betreibern die flexible Nutzung ihrer Photovoltaik-Anlage. Insbesondere die Aufhebung der 70-%-Drosselung dürfte für viele Anlagenbesitzer erfreulich sein.
Aber auch in Bezug auf andere erneuerbare Energien stellt das Osterpaket die Weichen für einen deutlich schnelleren und unbürokratischeren Ausbau. So sollen Prüf- und Genehmigungsverfahren durch Einigungen mit den Ministerien und die neue Einstufung erneuerbarer Energien als relevanter Faktor für die nationale Sicherheit deutlich einfacher und schneller ablaufen. Darüber hinaus gibt es nun zusätzliche Ausschreibungssegmente für wasserstoffbasierte Stromspeicherung. Mit den vielfältigen Maßnahmen und Gesetzesänderungen ebnet die Bundesregierung mit dem Osterpaket den Weg für die Erreichung der gesetzten Klimaziele.