
Was sind Perowskit-Solarzellen?
Perowskit-Solarzellen sind spezielle innovative Solarzellen, die über einen besonders hohen Wirkungsgrad verfügen. Dabei ist ihr Potenzial lange nicht ausgereizt, allerdings bringt die Technologie im Betrieb aktuell noch Nachteile mit sich, die einen großflächigeren Einsatz zurzeit noch nicht ermöglichen. Und dennoch zählt die Perowskit-Variante zu den größten Hoffnungsträgern im Bereich der Solartechnik. In diesem Artikel erfahren Sie, woher dieser Status kommt.
> Der Aufbau einer Perowskit-Solarzelle
> Welchen Wirkungsgrad erreichen Perowskit-Solarzellen?
> Das Funktionsprinzip von Perowskit-Solarzellen
> Der entscheidende Vorteil von Perowskit-Zellen: Das Photonenrecycling
> Der große Nachteil von Perowskit-Solarzellen: Die Umweltverträglichkeit
> Die Vor- und Nachteile von Perowskit-Solarzellen im Überblick
Der Aufbau einer Perowskit-Solarzelle
Der Name der Perowskit-Solarzellen stammt von dem Mineral „Perowskit“ das in den Zellen zu finden ist und eine typische Kristallstruktur aufweist. Vom grundlegenden Funktionsprinzip her unterscheiden sich diese Zellen eigentlich nicht vom aktuellen Silizium-Standard.
Eines gleich vorweg: Den typischen klassischen Aufbau einer Perowskit-Solarzelle gibt es (noch) nicht. Der Grund dafür ist auf jeden Fall nachvollziehbar. Die Solarbranche ist nicht erst nach den globalen Verwerfungen der letzten Jahre einer der Boom-Bereiche schlechthin. Die Dynamiken der jüngeren Vergangenheit haben diesen Trend aber nochmals verstärkt. Wird einem bestimmten Industriezweig vermehrt Aufmerksamkeit zuteil, heißt das auch, dass mehr Geld für Forschung und Entwicklung vorhanden ist. Entsprechend interessant sieht es deshalb bezüglich Innovationen aus. Die Perowskit-Solarzellen sind einer dieser Bereiche, in dem zurzeit besonders intensiv geforscht wird, die Entwicklung ist somit noch nicht abgeschlossen, der Aufbau noch nicht finalisiert. Sehr wohl existieren aber bereits unterschiedliche Schichten, die in jeder Perowskit-Zelle zu finden sind.
Es handelt sich dabei um:
- Elektrode (oben)
- Lochleiter
- Absorber aus Perowskit
- Elektronenleiter
- Elektrode (unten)
Aktueller Stand der Forschung bzw. der Technik ist der, dass die Zellen zu sogenannten „Tandemzellen“ zusammengefasst werden. Diese bestehen aus zumindest zwei Teilzellen, die über unterschiedliche Absorptionsbereiche verfügen. Sie können also entweder kurz- oder langwelliges Licht besser verarbeiten. Durch diese Eigenschaft wird das gesamte Spektrum der Sonnenstrahlung genutzt, was wiederum den Wirkungsgrad der Solarzelle steigen lässt.
Besonders wichtig für dieses Setup ist, dass die obere Perowskit-Zelle einerseits selbst ausreichend Licht absorbiert, aber andererseits genug Licht durchlässt, damit auch in der unteren Zelle eine Reaktion ausgelöst wird.
Die folgenden Kombinationen sind aktuell typisch für eine Perowskit-Tandemsolarzelle:
- Perowskit-Perowskit-Zelle
- Perowskit-CIGS-Zelle (CIGS = Kupfer-Indium-Gallium-Selenid)
- Perowskit-Silizium-Zelle
Welchen Wirkungsgrad erreichen Perowskit-Solarzellen?
Die Entwicklung rund um Perowskit-Solarzellen ist wie bereits erwähnt noch lange nicht am Ende angelangt. Die diversen Forschungs-Abteilungen haben in der jüngeren Vergangenheit Produkte mit immer höheren Wirkungsgraden hervorgebracht.
- Im Dezember 2020 wurde beispielsweise eine Perowskit-Silizium-Solarzelle mit einem Wirkungsgrad von 29,52 % vorgestellt.
- Im November 2021 wurde eine Zelle des gleichen Typus mit einem Wirkungsgrad von 29,80 % präsentiert.
- Im Juli 2022 folgte die Vorstellung einer Tandem-Perowskit-Silizium-Solarzelle mit einem Wirkungsgrad von 31,25 %.
Zum Vergleich: Aktuell weisen handelsübliche Silizium-Zellen Wirkungsgrade im Bereich zwischen 20 und 26 % auf. Besonders beeindruckend ist die bessere Ausbeute der Perowskit-Modelle noch nicht. Aber wie gesagt: Die Entwicklung ist lange nicht am Ende angelangt.
Aktuell sind Forscher davon überzeugt, dass die Perowskit-Solarzelle tatsächlich die obere thermodynamische Grenze hinsichtlich des Wirkungsgrades erreichen kann. Diese liegt bei 34 %.
Das Funktionsprinzip von Perowskit-Solarzellen
Im Grunde funktionieren auch Perowskit-Solarzellen nach dem gleichen Prinzip wie die klassischen Silizium-Zellen. Kurz zusammengefasst lautet dieses: Durch die Aufnahme von Sonnenstrahlung werden Elektronen aus einem Halbleiter herausgelöst, es entstehen negative Ladungsträger, während positive Fehlstellen (tatsächlich als „Löcher“ bekannt) zurückbleiben.
Elektronen und „Löcher“ bewegen sich nun entlang eines Elektronenleiters zu einer unteren Elektrode (negative Elektronen) und einer oberen Elektrode (positive „Löcher“). Bestimmte Membrane sorgen dafür, dass tatsächlich nur Elektronen oder „Löcher“ passieren können. Dadurch entsteht ein Stromfluss.
Das grundlegende Funktionsprinzip allein kann es also nicht sein, was Perowskit-Solarzellen so besonders macht. Um den Sonderstatus zu verstehen, müssen wir noch ein wenig genauer hinsehen.
Der entscheidende Vorteil von Perowskit-Zellen: Das Photonenrecycling
Tatsächlich weisen Perowskit-Solarzellen eine Eigenschaft auf, über die ihre Silizium-Pendants nicht verfügen. Und diese ist absolut zentral. Die Rede ist vom sogenannten „Photonenrecycling“. Eine Eigenschaft, über die einzig und allein Perowskit verfügt. Das grundlegende Funktionsprinzip des Photonenrecyclings sieht dabei folgendermaßen aus:
Wird ein Photon in einen reabsorbierenden Halbleiter eingestrahlt – bei Perowskit handelt es sich um eines dieser Materialien – kann es vom aussendenden Bauteil (Emitter) wieder absorbiert werden. Durch den Vorgang der sogenannten Photolumineszenz wird daraus dann ein neues Photon erzeugt. Das Photon wird also recycelt und somit mehr als einmal genutzt. Dadurch wird ein höherer Wirkungsgrad erreicht als bei den Silizium-Varianten.
Der große Nachteil von Perowskit-Solarzellen: Die Umweltverträglichkeit
So verlockend die Vorteile von Perowskit-Solarzellen zunächst auch wirken wollen, ganz ohne Schattenseiten kommt die Technik leider nicht aus. Im vorliegenden Fall liegen diese in einer eher mangelhaften Umweltverträglichkeit - zumindest aktuell noch. Hinter den Kulissen wird nämlich mit Hochdruck an grüneren Alternativen gearbeitet. Die zwei wichtigsten Punkte: Blei und Lösungsmittel.
Bleigehalt:
- Perowskit-Solarzellen haben den Nachteil, dass in ihrem Absorber Blei in wasserlöslicher Form zu finden ist. Geht das Modul kaputt, kann dieses Blei vom Regen ausgewaschen und auf diesem Wege in den Boden gelangen. Aber: Die Schichten sind in der Regel sehr dünn, der Bleigehalt ist entsprechend gering.
- Aktuell wird an bleifreien Varianten geforscht. Allerdings dürfte die Technik in naher Zukunft aus zwei Gründen nicht marktreif werden. Die Wirkungsgrade bleifreier Perowskiten liegen unter 13 % und die Zelle ist sehr instabil.
- Die aktuell beste Alternative zu Blei sind sogenannte Zinnhalogenid-Perowskite. Allerdings neigt Zinn zur Oxidation und zu unkontrollierter Kristallisation. Beide Vorgänge beeinträchtigen Fertigung, Leistung und Stabilität der Zellen.
- Die Hinzufügung unterschiedlicher Additive im Herstellungsprozess soll die Qualität Zinn-basierter Perowskit-Schichten erhalten. Als erfolgversprechendste Option gilt aktuell Zinnfluorid.
Lösungsmittel:
- Damit das Perowskit gleichmäßig auf dem Trägermedium aufgetragen werden kann, muss es zunächst in speziellen Lösungsmitteln aufgelöst werden. In den allermeisten Fällen kommen dabei Mischungen zum Einsatz, die Dimethylformamid (DMF) enthalten – ein umwelt- und gesundheitsschädlicher Stoff. In einer entsprechend hochskalierten industriellen Produktion würden große Mengen des Lösungsmittels verwendet werden – Entsorgung als Abfall inklusive. Und das ist teuer.
- Wissenschaftler haben nun aber einen Beschichtungsprozess entwickelt, bei dem mit Dimethylsulfoxid (DMSO) ein umweltverträgliches Lösungsmittel zum Einsatz kommt. Der Wirkungsgrad der Zellen ist im Vergleich zur DMF-Variante unverändert.
Die Hersteller sind sich der Nachteile von Perowskit-Solarzellen also durchaus bewusst und arbeiten mehr oder weniger mit Hochdruck an einer Behebung. Ist das gelungen, wird der Status als Alternative zu klassischen Silizium-Solarzellen auf jeden Fall deutlich gefestigter sein, als er es aktuell ist.
Die Vor- und Nachteile von Perowskit-Solarzellen im Überblick
Die die wichtigsten Pros und Contras noch einmal in einer Tabelle gegenübergestellt:
Vorteile der Perowskit-Solarzelle |
Nachteile der Perowskit-Solarzelle |
Höherer Wirkungsgrad als Silizium-Zellen |
Perowskit-Kristalle neigen zu ungeordnetem Wachstum – daraus können Stabilitätsprobleme entstehen |
Niedrige Herstellungskosten |
Geringere Lebensdauer als Silizium-Zellen |
Möglichkeit zur Kombination = Tandemzelle |
Innerhalb der ersten Monate kommt es zu einem Effizienzverlust von 10 % |
Perowskit lässt sich aufsprühen, aufstreichen oder aufdrucken – entsprechend einfach ist die Verarbeitung |
Empfindlich gegenüber Feuchtigkeit |
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Aktuell kommt bei der Herstellung noch Blei und umweltschädliche Lösungsmittel zum Einsatz |
Perowskit-Solarzellen: Fazit
Mit den Perowskit-Solarzellen steht eine durchaus beeindruckende Alternative zu den heute genutzten Silizium-Solarzellen in den Startlöchern. Von der tatsächlichen Marktreife sind die Produzenten aktuell aber noch relativ weit entfernt. Die Industrie sieht in dem Mineral allerdings eine so gute Option, dass die Forschung auf dem Gebiet intensiv betrieben wird. Perowskit-Solarzellen haben gegenüber allen anderen Produkten einen enormen Vorteil: Das Photonenrecycling. Die Mehrfachnutzung der Photonen erhöht den Wirkungsgrad drastisch.
Allerdings sehen sich die Hersteller aktuell noch einigen Problemen gegenüber. So kommen bei der Fertigung oftmals Blei und umweltschädliche Lösungsmittel zum Einsatz, zudem weisen die Perowskit-Zellen eine niedrigere Lebensdauer auf als die Silizium-Variante. Auch der Effizienzverlust von etwa 10 % in den ersten Monaten trübt die Bilanz noch stark, dasselbe gilt für die Empfindlichkeit gegenüber Feuchtigkeit.
Unterm Strich überwiegen aber die potenziellen Vorteile, weshalb die Forschung rund um Perowskit-Solarzellen in der näheren Zukunft garantiert ungebremst weitergeht – und diese somit eher früher als später die notwendige Marktreife erreichen werden.