Redox-Flow-Batterie: Funktion & Vorteile | Klimaworld
Redox-Flow-Batterie: Game Changer in der Energiespeicherung?
Die Energieerzeugung aus nachhaltigen Quellen funktioniert dank laufenden technologischen Fortschritts immer besser und besser. Wind-, Solar- und Wasserkraftwerke werden effektiver, der Output steigt. Das große Problem: Besonders Windkraft- und Photovoltaikanlagen produzieren oftmals dann Strom, wenn gar kein Bedarf besteht. Um den Wirksamkeitsgrad zu erhöhen, müsste die nicht genutzte Energie also so verlustfrei wie möglich bevorratet werden. Moderne Akkus stoßen hier schnell an ihre Grenzen. Just eine vor knapp 50 Jahren entwickelte Technologie könnte jetzt zum Game Changer werden. Die Rede ist von der Redox-Flow-Batterie. Welche Idee hinter dieser Speicherart steckt, wo ihre Vor- und Nachteile liegen bzw. welche Einsatzmöglichkeiten es gibt, erfahren Sie in diesem Artikel.
> Redox-Flow-Batterie: Alte Idee für neue Zeiten
> Wie funktioniert eine Redox-Flow-Batterie?
> Die Vorteile einer Redox-Flow-Batterie
> Die Nachteile einer Redox-Flow-Batterie
> Welche Arten von Redox-Flow-Batterien gibt es?
> Redox-Flow-Batterien: Wie geht es weiter?
Redox-Flow-Batterie: Alte Idee für neue Zeiten
Wer denkt, dass technologischer Fortschritt ausnahmslos immer nur aus neuen Ideen erwächst, der irrt. Ein sehr aktuelles Beispiel für eine ältere Technik, die heute für signifikante Verbesserungen sorgen könnte, ist die Redox-Flow-Batterie. Sie ist auch unter den Bezeichnungen Redox-Flussbatterie, Flussbatterie oder Flüssigbatterie bekannt.
Erstmals wurde mit der Grundlage für die Technik Mitte des 20. Jahrhunderts experimentiert. Selbst die NASA beschäftigte sich in den 1970er-Jahren mit der Energiespeicherung durch Redox-Paare. Die bis heute am weitesten verbreitete reine Vanadium-Lösung wurde 1978 erstmals vorgeschlagen, in weiterer Folge an der University of New South Wales weiterentwickelt und 1986 patentiert. Aktuell ist die Vanadium-Brom-Variante die am häufigsten verwendete, weil sie eine doppelt so hohe Energiedichte erlaubt wie das Basis-Modell.
Wie funktioniert eine Redox-Flow-Batterie?
Das Funktionsprinzip einer Redox-Flow-Batterie versteckt sich bereits in der Bezeichnung. Das Wort „Redox“ setzt sich nämlich aus den beiden Begriffen „Reduktion“ und „Oxidation“ zusammen – also Red-Ox:
- Reduktion: Bedeutet in diesem Fall nichts anderes als Elektronenaufnahme.
- Oxidation: Bedeutet in diesem Fall nichts anderes als Elektronenabgabe.
Was das mit dem gesuchten Funktionsprinzip zu tun hat? Redox-Flow-Batterien sind im Grunde genommen Energiespeicher mit einem flüssigen Speichermedium. Sie bevorraten elektrische Energie in chemischen Verbindungen. Was den Aufbau anbelangt, besteht eine Flüssigbatterie aus drei Komponenten: Einer Zelle und zwei Flüssigkeitstanks.
- Zelle: Ähnelt einer Brennstoffzelle, setzt sich aus zwei Elektroden und einer Membran zusammen.
- Flüssigkeitstanks: Beinhalten Elektrolytflüssigkeiten, die eine unterschiedliche Konzentration bzw. Wertigkeit aufweisen.
Eine Pumpe befördert nun die beiden Elektrolytflüssigkeiten an jeweils eine der beiden Elektroden. Eine Reaktion entsteht, Ionen werden freigesetzt. Diese Ionen gelangen durch die (teildurchlässige) Membran in der Mitte der Zelle hinüber in die andere Elektrolytflüssigkeit, von der sie aufgenommen werden.
Die ebenso freigesetzten Elektronen wandern hingegen nicht durch die Membran, sondern über die Elektrode zum äußeren Stromkreis und darüber in die andere Elektrode. Dabei wird über diesen äußeren Kreis elektrischer Strom abgenommen und nutzbar gemacht. Jener Teil der Elektrolytflüssigkeit, der nicht durch die Membran geströmt ist, wird in den ursprünglichen Tank zurückgeführt. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Wertigkeit bzw. die Konzentration in dieser Flüssigkeit. Im Grunde werden also Elektronen aufgenommen (Reduktion) und wieder abgegeben (Oxidation).
Wie hoch die Gleichspannung an einer Zelle ist, hängt im Endeffekt von der konkreten Materialzusammensetzung der beiden Elektrolyte ab. Zwei kurze Beispiele: Wasserstoff-Brom-Redox-Paare bringen im Leerlauf 1,1 V, Brom-Polysulfid immerhin 1,5 V.
Wie hoch ist der Wirkungsgrad der Redox-Flow-Batterie? Die elektrochemischen Reaktionen im Inneren einer Redox-Flow-Batterie laufen ausgesprochen effizient ab. Der Eigenverbrauch ist sehr gering, wodurch auf der Wechselstromseite schlussendlich ein Gesamtwirkungsgrad zwischen 70 und 90 % erreicht werden kann. |
Das erinnert stark an eine Brennstoffzelle –Der große Vorteil der Redox-Variante ist jedoch, dass sich die Elektrolyte nicht verbrauchen.
Die Vorteile einer Redox-Flow-Batterie
Redox-Flow-Batterien könnten ein Gamechanger im Bereich der nachhaltigen Energiespeicherung sein. Viele der Nachteile klassischer Akkus sind bei ihnen nämlich nicht vorhanden.
Die Flüssigbatterie zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus:
- Skalierbarkeit: Leistung und Speicherkapazität einer Redox-Flow-Batterie lassen sich problemlos anpassen – und das unabhängig voneinander.
- Hohe Betriebslebensdauer: Da sich die Elektrolyte nicht selbst verbrauchen, weisen Redox-Flow-Batterien eine Lebensdauer von etwas mehr als 20 Jahren auf. Wie oft sie in dieser Spanne genutzt werden, spielt keine Rolle. Theoretisch ist nämlich eine unbegrenzte Zyklenzahl möglich.
- Hoher Wirkungsgrad: Die Flüssigbatterien liegen mit ihrem durchschnittlichen Wirkungsgrad zwischen 70 und 90 % in einem sehr guten Bereich.
- Keine Selbst- und Tiefenentladung: Die bei anderen Speicheroptionen gefürchtete Tiefenentladung (die Batterie wird zu lange ent- und nicht mehr aufgeladen, sie kann keinen Strom mehr liefern) ist bei der Flüssigkeitsbatterie kein Thema. Auch die Selbstentladung (Batterie verliert Strom, obwohl sie keinen Verbraucher beliefert) ist nicht relevant.
- Hohe Betriebssicherheit: Das verwendete Elektrolyt – ganz egal, welche Variante genutzt wird – ist weder brennbar noch explosiv. Das steigert die Betriebssicherheit enorm und ist gegenüber aktuell gängigen Akkus ein riesiger Vorteil.
- Keine knappen Rohstoffe: Ebenfalls ein riesiger Pluspunkt verglichen mit den aktuell eingesetzten Akkumulatoren. Kritiker der Elektromobilität bringen immer wieder den hohen Bedarf an seltenen Rohstoffen und Erden als Gegenargument vor. Das würde bei der Verwendung von Redox-Flow-Batterien komplett wegfallen, weil in der Herstellung keine derartigen kritischen Stoffe zum Einsatz kommen.
- Erweiterbarkeit: Einzelne Redox-Flow-Batterien lassen sich zu großen und entsprechend leistungsstarken Modulen zusammensetzen. Ist der entsprechende Platz vorhanden, können die neuartigen Akkus also durchaus auch im Privatbereich zum Einsatz kommen und dank der Modulierbarkeit an konkrete Anforderungen angepasst werden.
Die Nachteile einer Redox-Flow-Batterie
Bei all den typischen Pluspunkten einer Redox-Flow-Batterie, gibt es natürlich auch Schattensein. Negative Eigenschaften, welche die breite Einführung bisher verhinderten. Der zentralste Minuspunkt: Die niedrige Energiedichte.
- Kapazität: Verglichen mit den aktuell gängigen Lithium-Ionen-Akkus haben die Redox-Akkus eine deutlich niedrigere Kapazität. Sie liegt durchschnittlich zwischen 25 und 70 Wattstunden pro Liter. Damit kann die Technologie mit den gängigen Speichermethoden (noch) nicht mithalten.
- Platzbedarf: Die Technologie hat aktuell noch einen hohen Platzbedarf und eignet sich somit nicht für Elektromobilität.
- Betriebstemperatur: Da die zulässigen Betriebstemperaturen sehr niedrig sind, minimiert sich das Einsatzspektrum automatisch von selbst.
- Preisfrage: Vanadium ist als einer der Hauptbestandteile starken Preisschwankungen unterworfen. Das mindert die Planungssicherheit.
- Crossover: Manchmal kommt es zu einem unerwünschten Übergang der Elektrolyten durch die Membran, was wiederum die Leistungsfähigkeit mindert.
Auf die Größe kommt’s an! Befürworter der Redox-Flow-Technologie lassen den angeblichen Nachteil hinsichtlich der Energiedichte nicht gelten. Sie sagen, dass die Speicherkapazität der Batterien einzig und allein davon abhängt, wie groß die Menge der verfügbaren Elektrolyte ist. Das heißt: Je größer die Flüssigkeitstanks, desto mehr Energie ließe sich speichern. Für große Sonnen- und Windenergieanlagen käme die Kombination mit einer derartigen Konstruktion durchaus möglich. Aktuell wird an der „größten Batterie der Welt“ geforscht. Zwei räumlich voneinander getrennte, unterirdische, ehemalige Salzkavernen dienen dabei als Elektrolytspeicher. Aktuell ist mit einer Inbetriebnahme im Jahr 2025 zu rechnen. |
Welche Arten von Redox-Flow-Batterien gibt es?
Hinsichtlich des grundlegenden Funktionsprinzips gibt es zwischen den diversen Batterie-Varianten keine Unterschiede. Anders sieht das bei der Zusammensetzung der verwendeten Elektrolyte und Lösungsmittel aus. Tatsächlich existieren hier laut Fachliteratur mehr als 50 verschiedene Varianten.
Die konkrete Kombination von Lösungsmittel und den darin gelösten Salzen ergibt jeweils ein anderer Elektrolyt. Das Verhältnis ist dabei verantwortlich für die Zellspannung und somit auch für die Energiedichte: Je höher die Dichte, desto höher die Leistung.
Apropos Lösungsmittel: Was im ersten Moment vielleicht kompliziert und hochtechnisch klingen mag, ist es in Wahrheit gar nicht. In einer Redox-Flow-Batterie kommen verschiedene organische oder anorganische Säuren zum Einsatz, manche Modelle verwenden aber auch einfach Kochsalzlösungen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die gängigsten Batterie-Varianten.
Redox-Paarung |
Erreichte Zellspannung |
Wasserstoff-Brom |
1,1 V |
Eisen-Chrom |
1,2 V |
Vanadium/Polyhalit |
1,3 V |
Vanadium/Vanadium |
1,4 V |
Brom-Polysulfid |
1,5 V |
Zink-Brom |
1,8 V |
Das am weitesten entwickelte System ist aktuell die Vanadium-Redox-Variante. Mehrere Hersteller bieten ihre Produkte zur stationären Energiespeicherung auf dem Markt an. So wurden etwa in Japan bereits Anlagen mit einer Leistung von 15 MW und 60 MWh realisiert.
Redox-Flow-Batterien: Wie geht es weiter?
Damit die Redox-Flow-Technologie bald ihren Siegeszug antreten und die Energiespeicherung vereinfachen kann, ist noch einiges an Forschung und Entwicklung nötig. Die Investitionskosten müssen gesenkt werden, was durch automatisierte Fertigungsverfahren und neue, günstigere Materialien erreicht werden soll.
Der zweite große Punkt ist die Steigerung der Leistungsdichte und die Ausweitung der nutzbaren Temperaturbereiche. Mit neuartigen Katalysatoren soll die Austauschstromdichte erhöht werden, was wiederum eine deutliche Effizienzsteigerung zur Folge hätte.
Ein besonders wichtiges Projekt ist die Nutzbarmachung der Technologie für die Elektromobilität. Das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) arbeitet aktuell an einem derartigen Projekt und konnte die Reichweite auf das Vier- bis Fünffache des bisherigen Werts steigern. Tatsächlich würde das „Auffüllen“ einer leeren Redox-Flow-Batterie sehr dem Tankvorgang ähneln, wie wir ihn aktuell von Diesel- und Benzinautos kennen. Der entladene Elektrolyt würde einfach abgepumpt und durch einen neuen aufgeladenen ersetzt. Die abgepumpte Flüssigkeit müsste nicht entsorgt werden, sondern ließe sich vor Ort einfach wieder aufladen – etwa durch die Energie aus einer Sonnen- oder Windenergieanlage.
Redox-Flow-Batterie: Fazit
Das Prinzip hinter Redox-Flow-Batterien ist vielversprechend. Besonders in Sachen Nachhaltigkeit und Sicherheit hätten die Flüssigbatterien immense Vorteile gegenüber den aktuellen Speichervarianten. Und dank der Möglichkeit zum Zusammenschluss mehrerer Module sind Redox-Flow-Systeme bereits jetzt für eine breite Palette an Anwendungen geeignet. Vom Privathaushalt bis zu industriellen Großanlagen.
Noch fehlt aber ein gutes Stück, bis die Flüssigbatterien ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Speziell im Bereich der Energiedichte hinken sie den heute gebräuchlichen Lithium-Ionen-Akkus noch deutlich hinterher. In ihrer gegenwärtigen Form sind sie außerdem kein Thema für die Elektromobilität. Allerdings wird weltweit mit Nachdruck an der Verbesserung der Technologie gearbeitet. Redox-Flow-Batterien werden in Zukunft also ganz bestimmt eine wesentliche Rolle bei der Energiewende spielen.